2020-04-18
Die aktuelle Situation auf der Welt hat mich in der letzten Zeit wieder vermehrt zum Nachdenken gebracht. Ich verfolge dieses Thema nicht im Ganzen. Gelegentlich schaue ich mir den aktuellen Stand an. Der politische Diskurs interessiert mich nicht. In den sozialen Medien wurde bereits vermehrt Kritik laut. Kritik, die auch berechtigt ist. Kritik die richtig ist.
In meinem sozialen Umfeld befinden sich einige Personen die Systemkritische Berufe ausführen. Deren Stimmen wurden laut und werden aus Müdigkeit leiser, weil diese nicht mehr durch die Gesellschaft getragen werden.
Wenn ich mir die derzeitige Gegebenheit anschaue, kann man sehen, auf wie viel Leid unsere Gesellschaft aufbaut. Da das Grundrauschen in der Gesellschaft nicht mehr vorhanden ist, öffnet sich unser Blick auf alles, was wir überhört haben und man kann deutlich die Gier und Egoismus der Menschheit sehen.
Ich lese von Lockerungen, nur weil der Peak gerade etwas abflacht. Ich lese von Menschen, die zum normalen Alltag zurückwollen, als wäre es nur eine Phase einer pubertären Person. „Ihr hattet jetzt euren Spaß, jetzt reicht es aber“. In den letzten Tagen habe ich mich dann doch mal gewagt, in Chatgruppen reinzuschauen oder News Feeds in meiner Timeline anzusehen. Wenn ich das große Heulen runter breche, kann ich es auf ein „Denkt doch einer nur an die Wirtschaft“ zusammenfassen. In den Nachrichten lese ich nur von der Wirtschaft und den Schaden welche die davon trägt. Als wäre dies eine magische Lichtgestalt, die durch unseren Glauben an Sie am Leben erhalten wird. Ich lese von den Menschen jedoch nicht davon, wie wichtig es sei jene zu Schützen und unterstützen, welche dafür Sorgen, dass unser Leben weiter gehen kann.
Anstelle die Menschen zu unterstützen, werden Sanktionen ausgerufen. Mehr, länger, härter arbeiten. Die Mensch-Maschine, die Menschine, muss weiter gehen. Das Leben der alten und vor erkrankten Menschen ist egal, da statistisch gesehen nur diese sterben und diese nicht zur Wirtschaft mit tragen. Eine wirtschaftliche Triage.
Ich lese von Aktien Gesellschaften, welche die Miete aussetzen. Menschen erklären mir daraufhin, dass dies der korrekte Weg sei, da man auch an den Vorstand der Aktien Gesellschaft denken solle. Diese könnten ihren Vorstandsposten verlieren, weil die Dividenden geringer ausfallen könnten.
Nun wurde auch beschlossen, gegen die Meinung der Ärzteschaft zu handeln und die Arbeitsunfähigkeit bei Lungenerkrankungen telefonisch abzuhandeln, wieder zu entfernen.
Wir lassen Menschen im Meer sterben, in Lager ohne Hygiene zusammen rotten und zeigen der Welt, dass unser Lebensstandard wichtiger sei, als jene die wir ausbluten. Sehen können wir dies am besten am deutschen Spargel.
Der Markt regelt das alles, durch Angebot und Nachfrage. Deswegen wird aktuell ein Markt erschlossen, mit Schutzmasken Geld zu verdienen und weil man herausstechen möchte, kann man sich nun Gesichtsmasken mit lustigen Motiven bedrucken lassen. Man will sich ja von der Masse abheben.
Mich Widert dieses ‚Wirtschaft über alles‘ an. Es regt mich auf, dass Menschen keine paar Meter weiter denken können und am eigenen Gartenzaun stehen bleiben. Mich regen die Medien auf, welche den Untergang der Welt prophezeien, weil der Rubel nicht rollt. Ich bekomme ein Brechreiz, wenn mir Leute scheinheilig erklären, dass wenn wir nicht sofort zum Alltag zurückgehen, es den schwachen am meisten schaden.
Was wir brauchen sind tatsächliche Lösungen für unsere Probleme und kein Vorhang, damit wir die Probleme nicht mehr sehen. Gewinnmaximierung auf Kosten des Personals, sowie keine Reserven für schlechte Zeiten aufrechtzuerhalten ist ein Problem. Es ist ein Problem, dass unser Konsumverhalten so selbstverständlich ist, dass wir unbedingt unser erwirtschaftetes Geld in Glückshormone in Form von Produkten tauschen müssen, damit wir motiviert sind weiter zu machen. Unser Problem ist, dass wir, solange das funktionierende System nicht zusammenbricht, alle Prozesse optimieren in dem wir noch mehr an Zeit und Personal einsparen. Es ist ein Problem, dass wir für alleinerziehende Menschen keine Möglichkeit schaffen unter der aktuellen Lage, diese zu unterstützen. Es ist ein Problem, dass Pflegekräften keine Schutzmaßnahmen garantiert zur Verfügung stehen. Es ist ein Problem, dass man beim sonnigen Wetter unbedingt mit Freunden grillen möchte, Schützenfest feiern will, shoppen oder mit den Leuten im Café hocken will. Unsere Probleme werden nicht gelöst, wenn wir eine Art Abwrackprämie für Autos erhalten und die Autoindustrie zu unterstützen. Es hilft niemanden weiter, wenn wir Anerkennung in Form von klatschen bekunden, während sich Menschen kaputt schuften und auch noch von der Nachbarschaft gebeten werden, nicht mehr Heim zu kommen, da man den Virus mit tragen könnte. Unsere Probleme werden nicht gelöst, wenn wir wieder wirtschaften und den Kreislauf des Geldes am rotieren halten. Wir lösen nicht unsere Probleme, in dem wir zum Alltag zurückgehen und tun, als sei nichts gewesen, denn all das, was aktuell sichtbar ist, wird weiterhin bestehen.
Der Wille, der Wunsch und Überzeugung davon, dass wir alle weiter unsere Arbeit normal nachgehen fußt nur auf dem Interesse weiter wirtschaftlich zu wachsen. Wieso sollten sonst Politiker aus dem wirtschaftsliberalen und faschistischen Spektrum nach Öffnung des Einzelhandels rufen und dies mit Freiheit des Volkes begründen? Nicht, weil es uns weiterhilft. Sondern damit es den Kapitalisten weiter hilft.
Ich bin aktuell von der Menschheit, welche so sehr vom Weltbild der Wirtschaft und des Geld indoktriniert, nur noch angewidert.
Wachstum statt Stabilität, auf Kosten der Gesundheit, auch abseits der Pandemie, my ass!